Fuerteventura.

Oh du liebes Fuerteventura,

an mein Teneriffa – und Lanzarote -Herz magst du nicht ganz heranreichen und dennoch hast du mich auf den zweiten Blick doch noch rumgekriegt. Schelmisch hast du die Kanaren-Sonnenbrille bis ganz nach unten auf den Nasenrücken gesetzt, hast dein schönstes Azurblau rausgekramt und mit türkisfarbenen Tupfern versehen, hast deinen weichen Sand mit dem Wind gen Meer fliegen lassen und uns mit deinen kilometerlangen Stränden verführt. Hast deine karge, braune Landschaft in goldenes Licht getaucht und bunte Fischerboote auf und ab hüpfen lassen. Mal laut und touristisch, ganz oft aber leise und entspannt hast du uns mehr und mehr die Gedanken an Arbeit, Stress und Heimat abgenommen, fest verschnürt und in den Wind gehalten. Sacht hast du den Gedankendrachen aufs Meer treiben lassen, bis er am Ende nur noch einen winzigen Punkt am Horizont bildete und schließlich ganz verschwand.

Oh du schönes Fuerteventura, vielen lieben Dank!

26.01.2019 (Samstag):

-Abreise nach Fuerteventura-

2ºC Außentemperatur, Schneematsch und Nieselregen. Ob wir zum richtigen Zeitpunkt starten, ich denke schon. Im Zick Zack umfahren wir die Pfützen mit unseren Koffern, verkriechen uns schelmisch grinsend ob der sonnigen Aussicht in unseren Winterjacken und lösen das Ticket zum Flughafen. Entspannt rollen wir unser Gepäck zum Baggage Drop Off – Schalter, zeigen den zornigen Rentnern in der Nebenschlange imaginär den Bild der Frau- Mittelfinger und lassen die obligatorische Sprengstoffkontrolle über uns ergehen. Meine Kamera plus Equipment bleibt diesmal verschont. Ein Spritzer Parfüm im Duty Free, ein Glücksrubbelos im Kiosk und schon wird drängelnd in Zweierreihen dem Boarding-Aufruf gefolgt. Am Gratiszeitschriftenstand herrschst der übliche Ausnahmezustand, denn auch Iris und Herbert möchten lesen. Mehrmals.

Der Flug gestaltet sich als relativ easy und der Ausblick auf die verschneiten Gipfel der Schweizer Alpen als phänomenal. Zum Schluss folgt dann doch noch unangenehmes Geruckel, Schnappatmung meiner Wenigkeit und verkrampftes Händchenhalten mit Herrn Freund. Der Flieger landet, alles klatscht. Der Flieger parkt, alles kramt hektisch in den Ablagen und im Portemonnaie, denn Condor scheint den Klingelbeutel für sich entdeckt zu haben. Klappernd verabschiedet uns die Crew und dann endlich milde Kanarische Sommerluft. Auf der Haut, in den Lungen und im nun mehr entspannten Gesicht.

Am Car Rental- Schalter von Cabrera Medina lasse ich mir in Gedanken Kalender und Rotstift reichen, denn der Mythos Fiat 500 lebt. Und das galant in einem schicken Bordeauxrot und Panorama-Dachfenster. Kiss FM, ist eh klar.

Sonnenbebrillt verlassen wir das Flughafengelände gen Süden nach Morro Jable. Lässige 50-90 km/h lassen uns an einer braunen, kargen Landschaft vorbeiziehen, die in der untergehenden Abendsonne zu glühen scheint. Ein paar Ziegen meinen uns am Straßenrand auf selbstmörderische Art und Weise willkommen zu heißen, im letzen Moment drehen sie ab und unser Herz wieder auf.

In der Ferne schließlich die Iberostar-Sterne am Himmel. Wir checken ein und feiern uns selber mit leckeren Papas arrugadas und grüner Mojo-Sauce. Drei weitere Büffetgänge folgen.

27.01.2019 (Sonntag):

Die Sonne geht auf über Fuerteventura und beim Blick über den Strand und das Meer auch das Herz. Wir füttern unsere ausgehungerte Winterseele mit herrlich schmackhaften Kanaren-Bananen und entscheiden schließlich, dem feinen, weißen Sand eine Chance zu geben. Herrlich weich fühlt er sich wenig später zwischen unseren kalkweißen Zehen an. Das Handtuch ist schnell ausgebreitet und die Nase ebenso flinkt verbrannt. Der Klassiker. Beruhigend, dass es auch hier braungebrannte Adonisse in roten Shorts und freiem Oberkörper gibt. Narzistisch laufen sie den Strand joggend auf und ab. Nudisten-Walther prüft aus der Ferne mit

Cap und Berliner Fahne, die im Sand steckt. Der Atlantik liegt herrlich türkisfarben zu unseren Füßen und in der Ferne glitzert es ab und an azurblau. Was hab ich dieses Blau vermisst.

Später entschließen wir uns mit unserem kleinen Flitzer an die Punta Jandia zu fahren. Die Landschaft und mehr noch die Straßenverhältnisse erinnern uns an die Fahrt zu den Papagayo-Stränden auf Lanzarote. Kehre um Kehre kämpfen wir uns auf dem Schotterweg voran. Irgendwann taucht ein Trailerpark auf und ein paar weiß getünchte Häuser, ein voll besetztes Restaurant, die Straßen menschenleer, ein paar Hunde und Lavasteine vor den Türen. Die Surferszene trifft sich unten bei den Wellen. Der Leuchtturm ist imposant und ähnlich wie auf Teneriffa am Teno wellenumtost. Ein herrliches Gefühl, wenn die Brandung tost und die Meeresbrise dir das Haar zerzaust. Wir geben uns eine Weile dieser Szenerie hin und fahren schließlich bis zur Punta Pesebre weiter. Unterwegs grüßen wir ein paar Esel. Dort angekommen bergüßt uns eine einsame Tür vor atemberaubender Meereskulisse. Sie führt schließlich zu einem weiteren , kleinen Leuchtturm. Von diesem Standpunkt aus können wir zum ersten Mal einen Blick auf die raue Westküste mit dem Strand von Cofete und der sagenumwobenen Villa Winter erhaschen. Die Gischt färbt sich nun ob der tief hängenden Sonne ganz rotorange. Der stetige Wind treibt sie fotogen übers Land. Auf dem Rückweg zum Hotel sehen wir plötzlich einen Fiat-Kollegen schräg am Abhang stehen. Der Insassin scheint nichts passiert zu sein. Wir halten an, aber anscheinend haben das schon alle Autos zuvor gemacht.

Ich ergattere wenig später noch eine neue Ausgabe der Kanarenzeitung und sichere damit auch den Lesestoff am Abend.

28.01.2019 (Montag):

Nach einem köstlichen Frühstück im Freien und einer geruhsamen Nacht starten wir mit unserem Flitzer ins Inselinnere. Wir stoppen nur wenige Kilometer entfernt am Strand Playa de Sotavento. Hier werden die Weltmeisterschaften im Windsurfen ausgetragen und es könnte wahrlich keinen besseren Platz dafür geben. Ein circa 300-500 Meter breiter, flacher Sandstrand liegt vor uns. Das Wasser glitzert aus naher Ferne wie immer türkisfarben. Meine Kamera klickt sich in Ekstase und wir bekommen ein Sandpeeling auf Knöchelhöhe gratis. Wir schauen den Windsurfern zum einen auf als auch neben dem Wasser beim Üben zu. Der Wind zieht unaufhörlich am Schirm und zu guter letzt auch am zierlichen Mädchen, welches ihn an Land versucht zu lenken.

Weiter geht es nach La Pared; ein kleines Surferörtchen an der Westküste, welches ebenfalls mit einem rauen, bildhübschen Strand aufwartet. Wir erfreuen uns am vom Wasser ausgehöhltem Gestein, welches es uns an Smaug erinnern lässt und kurz erschaudert es uns. Wir verlassen die Küste und fahren nun mehr eine kurvige Bergstraße entlang. Unterwegs treffen wir auf verbissene Rennradler, die sich Kehre um Kehre nach oben kämpfen. Wir halten an einem Mirador und fliegen oben angekommen fast weg. Das Atmen ist bei Gegenwind fast unmöglich. Dennoch hat man von dort oben eine grandiose ( atemberaubenden, hihi) Aussicht über die karge, braune Landschaft. Wir verfahren uns schließlich in Pajana und biegen daher in Richtung Ajuy, einem kleinen Fischerdörfchen ab. Hier bekommen wir zum ersten Mal auf der Insel einen schwarzen Lavastrand zu sehen. Ebenso volle Restaurants, die im Reiseführer angepriesen werden. Den Wanderweg entlang der Küste lassen wir aus, stattdessen gönnen wir uns im zweiten Café ( im Ersten wollte uns keiner bedienen) einen Café con leche und ein dreierlei Schokoladenmousse.

Zurück in Pajana finden wir schließlich die Umleitung nach Betancuria, einem beschaulichen Bergdörfchen. Dieser wunderschöne Ort mit seinen weiß getünchten Häusern, den farbenfrohen Türen und Fensterläden, den trutzigen Gassen und endlich prächtigen Bougainvillea stimmt mich schließlich selig mit der Insel. Auch wenn wir beim Eis für 9€ kurz schlucken müssen.

Über Antigua geht es zurück nach Morro Jable dem Sonnenuntergang entgegen.

29.01.2019 (Dienstag):

Heute starten wir in einen lazy Strandtag wie er im Buche steht. Wir suchen uns ein windgeschützes Plätzchen, breiten die Handtücher aus und entspannen bei Meeresrauschen. Herr Freund döst mehrmals ein und ich lese einer meiner Urlaubslektüren zuende. Nach 5 Stunden beschließen wir die Füße dann doch nochmal ins Wasser zu halten und laufen den Strand entlang. Wir treffen unterwegs auf Chip und Chap, verfressene, kleine Streifenhörnchen, die sich von einer Touristin mit Erdnüssen füttern lassen. Ihre kleinen Fellbäuche halten sie schließlich entspannt in die Kanarische Sonne. Nicht die schlechteste Standortwahl.

30.01.2019 (Mittwoch):

Ob der Faulenzerrei am Vortag beschließen wir heute eine Wanderung nach Cofete vorzunehmen. Wieder kämpft sich unser kleiner bordeauxfarbene Freund auf der Schotterpiste bis zum ausgewiesenen Parkplatz voran. Wir schultern unsere Rucksäcke und starten die mit 2h 40 Min angegebene Wanderung auf einem alten Königsweg.. Gemächlich geht es voran, überall sind Ziegen, die ab und zu fröhlich klingeln. Auch in der Ferne sind sie an den kargen Berghängen als weiße Tupfer zu vernehmen. Erst am Bergkamm wird der Weg etwas beschwerlich. Oben angekommen faucht der Wind über die Anhöhe, so doll, dass wir uns auf dem Rückweg Billie Jean like in den Wind legen und nicht umkippen. Von hier oben hat man eine wahnsinnige Weitsicht über den kilometerlangen Strand , die steil abfallenden etwas grün versprechenden Berghänge, das kleine Örtchen Cofete und wieder die Villa Winter. Gerüchten zu Folge soll Gustav Winter 1937 hier für das Deutsche Reich versucht haben einen Marinestützpunkt sowie einen Flughafen einzurichten. Spätere Nachforschungen haben dies jedoch nie bestätigt.Der Weg zum Dorf, welches hauptsächlich aus einfachen, zusammengeschusterten Hütten ohne Strom und fließend Wasser besteht, windet sich Kehre um Kehre den Berg hinab. In einem ausgewaschenen Flussbett wird Felix später dem Verlangen nach Gold nachgehen…ohne Erfolg. Kurz vor dem Strandzugang befindet sich ein Friedhof, der ringsherum den Sanddünen trotzt. Eine einfache, von der Salzluft ausgeblichene Holztür hängt schräg in den Angeln. Ein Zaun gibt es schon lange nicht mehr. Ein scheinbar frisches Grab ist trotzdem zu entdecken. Ein paar schwarze Krähen machen die mystische Stimmung, die von diesem Ort ausgeht perfekt. Der Strand von Confete ist wie alle hier kilometerlang und viele Meter breit, ein paar vereinzelte Menschengruppen verlieren sich in der Ferne. Das Wasser zeigt sich erneut von seiner schönsten Farbseite. Dennoch sehen wir hier zum ersten Mal in diesem Urlaub überall kleine, vom Wasser bereits abgeschliffene Plastikteile, Flaschenverschlüsse, Schuhsohlen und Reste von alten Fischernetzen. Es trübt die Stimmung ungemein und lässt erahnen, wie weit vorangeschritten diese Umweltkatastrophe bereits ist. Nach einer kurzen Rast mit Bananen, Madeleines und einer großen Portion Salzluft in den Lunge treten wir den Rückweg an.

31.01.2019 (Donnerstag):

Nachdem mich meine schmerzenden Waden am Morgen freundlich grüßen und wir wie immer ein köstliches Frühstück einnehmen, geht es auf in den Norden. Wir fahren durch bereits bekannte Orte und biegen schließlich nach El Cortillo ein. Aus der Ferne sehen wir bereits erste Regenwolken über die Insel ziehen. Nicht wissend, dass sie uns gleich einholen werden. Denn kaum steigen wir aus dem Auto, fallen die Tropfen vom Himmel. Erst fein nieselig, dann groß und nass.Wir stellen uns an einem alten Wachturm unter und laufen, nachdem es wieder aufgehört hat durch das entspannte Fischerdörfchen. Unten am Hafen schaukeln die Boote bunt auf dem Atlantik hin und her und auch mein Fotoherz hüpft fröhlich auf und ab. Auf dem Weg nach Corralejo fahren wir auch durch Lajares. Ein unscheinbares Örtchen denke ich und schreie plötzlich: „Stop zurück, wir müssen in den Laden!“. Besagter Store heißt „B.e.a.c.h“ und ich möchte ihm im Ganzen. Mehrmals ziehe ich meine Runden und verliebe mich jedes Mal in ein weiteres Schmuckstück. Am Ende wird es eine wunderschöne, runde Basttasche. Glücklich geht es weiter nach Corralejo. Dort lassen wir uns von der riesigen Touristenwelle überrollen. Ein herrlich cremiges Eis tröstet darüber hinweg. Wir machen die Fundgrube ausfindig und shoppen standardmäßig Parfum. Aus der Ferne glitzert das lanzarotische Playa Blanca hinüber. Wehmut kommt auf, denn das ist unsere Insel! Wir meinen die Papagayo-Strände zwinkern zu sehen und verweilen kurz in Erinnerungen. Weiter geht es zu den großen Sanddünen, die erst zaghaft und dann plötzlich in voller Pracht vor einem auftauchen. Die Kamera knipst wild drauf los und mein Sonnenhut genießt dabei die schöne Aussicht. Kalter Wind und große, graue Wolken zwingen uns widerwillig zurück zum Auto.

Auf der Suche nach dem einzigen Weingut auf Fuerteventura halten wir in Tefia an. Mehrmals, weil nicht auffindbar. Das World Wide Web verrät schließlich, dass es sich zwischen dem kleinen Örtchen und Los Molinos verstecken soll. Wir fahren auf Schotterwegen weiter, bekommen endlich auch eine fotogene Windmühle vor die Kamera, fahren immer weiter und weiter und finden keinen Wein. Dafür landen wir dann doch ganz zufällig am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Denn vor Los Molinos geht gerade die Sonne im Meer baden. Lila und pink, golden und gelb färbt sie den Atlantik vor sich und lässt uns selig grinsen.

01.02.2019 (Freitag):

Der letzte volle Urlaubstag bricht heran. Wir weigern uns strikt, den Koffer zu packen und an die kalte Heimat zu denken. Stattdessen atmen wir herrliche Salzluft ein, lassen unsere Füße erneut kostenlos vom Sand peelen und erfreuen uns am „Menschen begucken“. Wir laufen am Leuchtturm vorbei und machen erst direkt im Ort Morro Jable Halt. Hier kommt direkt nochmal Karibikfeeling auf. Das Eis auf die Hand, den Popo in den Sand und so lassen wir es uns für die nächsten 15 Minuten gut gehen. Ein Katamaran schaukelt vor uns auf und ab und wartet auf die restlichen Landratten. Wir schlendern zurück ins Hotel, schnappen uns die Badehandtücher und ziehen unser Atlantik-Baderitual eiskalt durch. Nach anfänglicher Kälteschreierei will ich später von diesem Weichei-Verhalten nichts mehr hören. Zielstrebig und konsequent bin ich ins Wasser gewaatet und schon kurze Zeit später eingetaucht. So oder so ähnlich werde ich es allen Nachfragenden später berichten.

02.02.2019 (Samstag):

Im Schneckentempo rollen wir unsere Koffer an die Hotelrezeption, um auszuchecken. Die Rechnung ist gleich beglichen und schon heißt es Abschied nehmen. Wir parken unsere Koffer und machen uns ein letztes Mal los zum Hafen von Morro Jable. Zum Abschied winken uns die geretteten Meeresschildkröten in den Becken der Auffangstation zu und lassen lustige Blubberblasen an die Wasseroberflächen steigen. Kurz vorm Flughafen verlassen wir nochmals die Hauptstraße und fahren entlang eines großen Lavafeldes bis nach Pozo Negro. Ein Fischerdorfidyll mit schwarzem Kiestrand. Welle um Welle rauscht tosend laut dem Strand entgegen, um dort zusammenzubrechen und sich sogleich zurück ins blaue Nass zurückzuziehen. Die Einflugschneise wird vom Geräusch des Meeres geschluckt und die simple Schönheit der Häuser, die herrliche Bauweise und Wäscheleinen im Wind lassen auch mich kurz schlucken. Es nützt nichts, wir müssen zurück zum Flieger. Das Auto ist geparkt, die Schlüssel werden unkompliziert wie immer entgegen genommen und ein letztes Mal drehen wir uns der Sonne entgegen. Später werden wir 23 Uhr bei dichtem Nebel und nur ein paar Grad über Null in Leipzig landen. Die S-Bahn wird uns mit kaltem Neonlicht nach Halle fahren und der Taxifahrer wird uns nüchtern und wortkarg vor der Haustür absetzen.

Willkommen Deutschland, wir haben dich nicht vermisst!.

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